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Info
Das Projekt untersucht die Entwicklung des Sozial- und Gesundheitswesens in Südtirol im Zeitraum von 1945 bis 2000, mit einem besonderen Fokus auf die psychiatrische Versorgung. Im Zentrum steht die räumliche Dimension von psychiatrischen Maßnahmen verstanden in zweifacher Hinsicht:
Erstens richtet sich der Blick auf die Orte der institutionellen Versorgung: Anstalten und Heime, in denen Menschen untergebracht wurden, die gemäß zeitgenössischer Vorstellungen als pflege-, betreuungs- oder versorgungsbedürftig galten. Diese Einrichtungen bewegten sich im Spannungsfeld zwischen ihrem „totalen“ Charakter und den sich abzeichnenden Tendenzen der Deinstitutionalisierung.
Zweitens verfolgt das Projekt eine Perspektive, die über administrative und geografische Grenzen hinausgeht. Bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden Südtirolerinnen in Einrichtungen außerhalb der Provinz – insbesondere in Tirol und im Trentino – untergebracht. Vor diesem Hintergrund fragt das Projekt danach, in welchen geografischen Räumen sich Akteurinnen psychiatrischer Versorgung – Patient*innen ebenso wie Betreuungspersonal – bewegten und wo welche Fürsorgeleistungen erbracht wurden. Dabei rücken nicht nur einzelne Institutionen, sondern auch eine informelle „Fürsorgeregion“ jenseits administrativ-politischer Grenzen in den Fokus.
Relevanz erhält das Thema insbesondere aufgrund der tiefgreifenden sozialstaatlichen Reformen – allen voran die „Basaglia-Reform“ – sowie aufgrund des Zweiten Autonomiestatutes, das Südtirol institutionelle Handlungsspielräume zur Aushandlung staatlicher Reformprozesse auf provinzialer Ebene verlieh.